Besuch auf einem Weingut
An einem gewöhnlichen Dienstag fahren wir mit dem Zug und den Velos nach Almansa, um Pablo, unseren Warmshower-Gastgeber dort zu besuchen.
Da wir schon um 11Uhr ankommen hat er eine Sightseeing-Tour durch das Städtchen geplant und erzählt uns über die wichtigsten Ereignisse, die für die Stadt wichtig sind. Da Pablo Redaktor und Herausgeber der Gratis-Monatszeitung „A30“ ist, weiss er sehr viel über alles, was die Stadt, ihre Geschichte, ihre wirtschaftliche und künstlerische Entwicklung betrifft. Almansa war bekannt für die Schuhproduktion, ein altes Arbeiterquartier zeugt noch von den Verhältnissen damals. Diverse grosse Marken produzieren noch immer Schuhe und Stiefel aus Leder. (Exportiert nach Deutschland und die USA). Das Castillo (die Burg oder das Schloss) von Almansa steht auf einem kleinen Hügel ganz allein mitten in der Ebene, sicher ein Grund, warum hier überhaupt eine Stadt angesiedelt wurde. Die Mauern wurden lange nicht geschützt, erst in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg begannen sich die Menschen für den Erhalt der restlichen Mauern zu interessieren. Wir machen einen Rungang und lernen die Details der Burg kennen.
Auf dem Weg nach Hause, fragt uns Pablo beiläufig, ob wir Vegetarier seien er habe es vergessen, er habe eine typisch spanische Mahlzeit vorbereitet, wie sie seine Mutter gemacht habe.
Um 14.30 Uhr kommt dann sein 16jähriger Sohn von der Schule, und Pablo tischt auf: Eine dicke, cremige Suppe mit Gemüse und weissen Bohnen, mit Schweinsfüsschen und -öhrchen drin! Martin isst zwar die Suppe, aber keine Füsse oder Ohr, ich habe ein wenig von beidem probiert, es ist mehr Fett und Knochen dran, deshalb wird der Inhalt dieser Suppe nicht zu meiner Leibspeise!
Pablo übrigens amüsiert sich sehr über unsere Reaktion, er und sein Sohn putzen die Teller leer, der Sohn fischt sogar die letzten Schweinsteilchen aus der Pfanne, lecker!
Kürzlich an seinem Geburtstag, hat er auf Facebook geschrieben, dass sein Vater gerade an einem Fussballmatch war, als er zur Welt kam, und der Grossvater half der Mutter, zuhause zu gebären. Da war nichts Mystisches an dieser Geburt, er war ja auch schon das neunte Kind! (und nach ihm kamen noch fünf dazu!)
In einer solchen Grossfamilie wurde alles gegessen, was auf den Tisch kam, und wahrscheinlich als Nummer neun musste er schauen, dass er überhaupt etwas zu essen bekam.
Nun, unser Plan: nach dem Esssen zur „Bodega Los Ampelos“ zu fahren, etwa 7km von Almansa entfernt. Dort lebt eine Schweizer Familie und bewirtschaftet das Weingut auf biologische Art. Das interessiert uns, denn Pablo hat uns schon im November von ihnen erzählt.
Menschen, die so viel Mut haben, eine Existenz in einem anderen Land aufzubauen, mit allen Konsequenzen, die so eine Entscheidung mit sich bringt, bewundern wir sehr!
Wir nehmen den Weg unter die Räder, wir fahren über eine holprige Piste einen kleinen Umweg durch ein Naturschutzgebiet mit kleinem See.
Als wir ankommen werden wir herzlich von Max und Martina empfangen, und in die warme Küche gebeten. Es ist nämlich ziemlich kühl hier, Almansa liegt auf 770m ü M. und ein kalter Wind hält uns entgegen. Auf Spanisch und Schweizerdeutsch sprechen wir zusammen und machen dann einen kleinen Rundgang durch die Bodega.
Und da trifft mich fast der Schlag: Der Raum ist gross, sauber, aufgeräumt, die vier oder fünf grossen Tanks stehen glänzend da – mit offenen Türen – leer!
Und das im Januar, wo doch schon längst geerntet wurde?????? Max sieht mir die Fragezeichen wohl ins Gesicht geschrieben und erklärt mit Galgenhumor: ja, dieses Jahr konnten wir nichts ernten, es gab ein Unwetter, es hagelte, im Oktober, etwa eine Woche vor der Ernte…. Die Hagelkörner waren so gross wie Tennisbälle…. Und da kommt mir „unser“ Gewitter in den Sinn…. Das war genau zu jener Zeit, genau das Gewitter, das einige 100 km bevor es uns traf, diese Ernte und noch viel mehr kaputt gemacht hatte (z.B. die 250 Flamingos erschlagen in den Lagunas bei Pétrola)!
Kommt, hier gibt es nicht mehr viel zu sehen, Max verlässt den Raum und wir hinterher, in die Küche. Hier offeriert uns Martina einen selbstgebackenen Kuchen, dazu öffnet Max eine von seinen Flaschen Wein, der mir jetzt noch kostbarer vorkommt, da ich weiss, dass es den Jahrgang 2015 nicht geben wird.
Wir erzählen einander von unseren Leben, vor allem in Spanisch, da Pablo ja kein Schweizerdeutsch kann, aber es geht uns allen ganz einfach, wir sind es gewohnt.
Sie könnten wahrscheinlich schon ein Buch schreiben darüber, was sie alles schon erlebt haben rund um ihr Weingut und ihr Leben da in dieser Ecke von Spanien.Hier sind zwei Bilder von der Bodega „losAmpelos“, die ich von Ihrer Website kopiert habe, dort findet man auch Details, falls jemand interessiert ist, den Wein zu probieren, er wird nämlich in der Schweiz verkauft!
Nach der dritten Flasche Wein, als es schon dunkel ist, brechen wir wieder auf, Richtung Stadt, diesmal über den offiziellen Weg, nur 1Km über die Holperpiste und dann auf einer normalen Strasse, die neben der Autopista liegt, und deshalb kaum Verkehr hat. Wir fahren gemütlich mit Rückenwind, und versuchen, geradeaus zu fahren,….
In der Stadt geht’s dann noch in einen Supermarkt, etwas zum Abendessen einkaufen,wir brauchen noch etwas, das im Wein schwimmen kann…..
Am nächsten Morgen, nach einem langen Spaziergang durch Almansa, fährt der Zug 13.04 Uhr zurück nach Alicante. Pablo hat noch Wichtiges für seine Zeitung zu erledigen, wir hoffen, dass er uns im Februar einmal besuchen wird!
In Alicante zurück, finden wir, dass wir den besten Ort ausgewählt haben, um zu überwintern, hier ist es wieder T-Shirt Wetter, 20°, einfach schön!