„Gota fría“
Wortwörtlich übersetzt heisst das „kalter Tropfen“! Heisst aber: ein Unwetter! Es ist am Montag über Alicante hinweggezogen, mit starkem Wind und Regen, soviel Regen auf einmal, wie sonst in einem halben Jahr hier fällt!
Wir haben mit Freunden unseren Abschied mit einem Essen gefeiert. Trotz Regen seit dem frühen Morgen sind wir in unserer Wohnung gemütlich zusammengesessen, bis gegen Abend. Als aber Toni aufbrechen will, kommt es gerade sehr schlimm, ein Gewitter donnert und blitzt über uns, so dass wir nach draussen schauen und merken, dass der Regen angefangen hat, sich vor und hinter dem Haus auf dem Parkplatz zu sammeln. Das Tor hat schon längstens den Geist aufgegeben und steht offen. Die Stromversorgung bricht nun immer wieder zusammen. Das Handynetz ist total überlastet und hat Ausfälle, das Wifi hat schon vor Stunden den Geist aufgegeben. Bei einer der Terrassentüren müssen wir Lappen hinlegen und das hereindrückende Wasser aufwischen, da plötzlich beginnt es von der Decke zu tropfen! Die Farbe hat eine dicke Blase bekommen, die ist geplatzt und das Wasser ist rausgespritzt. Schnell rücken wir das Sofa zur Seite, holen Kessel und Becken, um die Tropfen aufzufangen. Ob wohl die Nachbarin oben auch einen Wasserschaden hat?
Wir beobachten, wie es aus Kübeln schüttet, da bemerkt Toni, dass der Wasserspiegel knapp unterhalb der Autotüre steht und plötzlich schnell steigt! „Ich muss jetzt sofort das Auto in Sicherheit bringen“! Er rennt hinunter, muss durch knietiefes Wasser waten, setzt sich ins Auto und fährt los, raus aus dem Parking bis zur Kreuzung. Eigentlich möchte er nach Hause, aber die Strasse ist voll Wasser, die Avenida Costa Blanca gesperrt, überall stehen gestrandete Wagen, deshalb parkt er es schlussendlich auf dem Trottoir, dem höchsten Punkt hier. Nun ist aber er in der Patsche, hat nasse und kalte Füsse und rund ums Haus hier ist das Wasser bis auf fast einen Meter gestiegen, er kann nicht mehr zurückkommen. Fran telefoniert mit seinen Kindern und seiner Frau, die unterwegs sind, auf dem Heimweg von der Arbeit. Überall herrscht ein Chaos, nirgendwo kann das Wasser noch abfliessen, es kommt einfach viel zu viel vom Himmel.
Endlich aber erscheint seine Frau, sie nimmt Toni mit, kommen aber nicht weit, müssen umkehren, parken ihr Auto neben das von Toni auf dem Trottoir, sie wollen jetzt nach Hause laufen. Und Fran und Yeni? Am Nachmittag haben wir noch über Warmshower gewitzelt, über die Kapazität von unserer Wohnung, wir könnten zur Not bis zu 4 Personen hier schlafen lassen. Und jetzt müssen sie ernsthaft darüber nachdenken, es ist unterdessen schon fast 23.00 Uhr! Sie haben sich schon halb entschlossen hier zu bleiben, da ruft Frans Frau an, berichtet über Wasser in ihrer Wohnung, und da hält es ihn nicht mehr. Er hat einen Auto-Schlüssel bei sich, und wird versuchen, Yeni nach Hause zu fahren. Das Wetter hat sich etwas beruhigt, es regnet kaum mehr und der Wasserspiegel ist schon etwas gesunken, aber der Wetterradar verspricht schon bald wieder mehr, viel mehr Regen.
Also jetzt oder nie: Die zwei ziehen die Schuhe aus und waten durch den See, raus aus dem Haus, und weiter ans „Festland“. Zum Glück hat es ein Geländer, da können sie sich festhalten.
In der Nacht regnet es zum Glück nicht mehr, das Unwetter wird gegen Süden geblasen, der Wind pfeift durch unsere Wohnung, und das Wasser sucht sich langsam seinen Weg in den Untergrund. Am nächsten Morgen ist der Spuk schon fast vorbei, aber überall liegt eine dicke Schicht Dreck, und es geht ans Aufräumen. Das Erdgeschoss ist sehr betroffen, die Wohnungen standen sicher einen halben Meter unter Wasser, sie müssen alle renoviert werden!
Wir sehen nun auch, warum der Wasserspiegel so plötzlich gestiegen ist: Die Mauer zum Park hinten ist gebrochen und der See hat sich auf den Parkplatz ergossen. Im Nachbarhaus ist die Garage im Untergeschoss vollgelaufen, mehr als 2 Meter hoch sei es, auf den etwas tiefer gelegenen Parkplätzen der Gebäude ringsum stehen Autos bis zum Bauch oder sogar bis zum Dach im Wasser. Das wird für einige Leute hart, wenn Wohnung und Auto betroffen sind, und sie vielleicht keine Versicherung haben…
Wir verschieben unsere Abreise um einen oder zwei Tage, der Wind ist immer noch sehr stark, die Böen gehen bis 70km/h. Da zieht es uns nicht gerade raus! Und auf die Fähre nach Mallorca wollen wir auch nicht, wenn es noch stürmt!
Wir haben ja ein Riesenglück, das wir nicht schon letzte Woche losgefahren sind!