hinauf und hinunter
Bei strahlend sonnigem Wetter starten wir am nächsten Morgen zur nächsten Etappe, deren Höhenunterschiede ich zum Glück nicht mehr so gut im Kopf habe. Wir fahren langsam immer höher hinauf, die Steigungen wechseln sich ab mit Abfahrten, die ich aber nicht so ganz geniessen kann, da ich weiss, dass es dann wieder hinauf geht.
Die Landschaft verändert sich, Kiefernwäldchen wechseln sich ab mit kargen und ungenutzten Flächen. Da gibt es vor allem Grossgrundbesitzer, welche die Landstücke noch bearbeiten, wo sie mit den Maschinen hinkommen. So sehen wir ganze Hänge terrassiert von früher, aber nichts ausser ausgetrocknetes Gestrüpp ist erkennbar.
Uns fällt auf, dass auch die kleinsten Städtchen eine grosse Kirche haben, da war der Einfluss riesig, auch wenn sonst kaum mehr etwas da ist. (kein Laden, keine Bar, vielleicht sehen wir einen alten Mann durch ein Gässchen schlurfen…) Aber wer will schon da leben? Wo gibt es da überhaupt Arbeit? Die Landwirtschaft wirft sicher kaum etwas ab, so billig muss man hier produzieren.
Die gut ausgebaute Carretera hat nur wenig Verkehr, es ist keine Hauptverkehrsachse, so können wir ziemlich ungestört fahren. Man sieht noch die alten Kurven und manchmal hat es eine neue Brücke, wenn‘s zu tief ins Tal runter gehen würde. Genau auf so einer Brücke machen wir Halt, schöne Felsen stehen da links und rechts und wir wollen fotografieren. Da sieht Martin plötzlich eine Bewegung am Felsen und holt schnell den Feldstecher raus: ja da sitzt doch so ein Vogel, Adler? Geier? Schon seit gestern beobachten wir, wie sie am Himmel kreisen, sich vom Wind hochschrauben lassen bis wir sie kaum mehr sehen können. Und jetzt sitzt da einer, nein weiter drüben hat es noch ein Paar und noch einer: eine ganze Familie sitzt da auf dem Felsen! Da müssen wir schon ein Foto machen, auch wenn man die Vögel nun fast nur mit einer Lupe erkennen kann. Solche Momente sind für uns unbezahlbar, machen uns reich!Quizfragen: wo sind die Geier / Adler? (3 verschiedene Plätze) Was für Vögel sind das?
Die Strecke ist nahrhaft und lang (ca. 50km), die letzten Kilometer über den Rio Martin und dann wieder aufwärts, bringen mich wieder fast an meine Grenzen. Die Strasse ist schmal geworden, sie windet sich zwischen zwei Felswänden hoch, Autos und Lastwagen und Busse fahren an uns vorbei, es ist wahrscheinlich der Feierabendverkehr.
Aber auch hier gibt es mal ein Ende, wir erreichen Utrillas, wo wir wieder ein Zimmer reserviert haben. Die Velos dürfen in den Keller, neben der Wäscherei des Hostals, und wir in den 2.Stock unter die Dusche! Nach einem Spaziergang durchs Dorf und einem Bier machen wir eine Pause im Zimmer, Abendessen gibt’s hier ab 21.00 Uhr.
So langsam gewöhnen wir uns auch an diesen spanischen Essensrhythmus, verhungern nicht mehr fast, bis es endlich Zeit ist. Beim Zelten hatten wir schon um 18.30 Uhr gegessen, wegen dem Tageslicht.
Noch 2Tage stehen uns bevor, der nächste ist der nahrhafteste, meine ich, es geht auf 1400 Meter hinauf. Das nächste Hostal ist auch wieder 50 Kilometer entfernt, es gibt nichts dazwischen, ausser die Strasse und ein paar kleine Dörfer ohne Unterkunft, jedenfalls nicht in dieser Saison.
Die Nächte sind jetzt empfindlich kalt, zelten ginge definitiv nicht mehr mit unserer Ausrüstung. Und die warme Dusche und das gute Essen, das wir durchwegs in diesen Häusern erhalten, möchte ich nicht missen.
Dieser dritte Tag ist dann zwar steil, mit 7% über einige Kilometer, da braucht es einfach Willen, weiter zu fahren, im 1.Gang, kleiner geht nicht mehr und schieben ist keine Option, es sind 10 Kilometer und nochmals 5km Anstieg zu überwinden. Punkt! So etwa jeden Kilometer machen wir eine Trink-, Ess- und Verschnaufpause, sobald das Herz wieder einigermassen normal schlägt, fahren wir weiter.
Und jeder Kilometer fühlt sich anders an, mal habe ich fast keine Mühe, mal ist jede Umdrehung des Pedals eine Qual. Was einem da alles durch den Kopf geht wenn man so am Kämpfen ist, kann ich gar nicht aufschreiben, aber es rotiert!
Ich bin schon ziemlich glücklich und auch stolz, als wir oben ankommen!
Die nächsten 30 Kilometer sind nicht mehr so anstrengend, aber halt doch lang, es ist kühl hier oben, obschon wir ja wieder auf etwa 1000m ü. M. runterfahren. Die Casa Rural ist das einzige Haus weit und breit, das noch offen hat, wir sind heute Abend aber die einzigen Gäste, nur am Wochenende läuft hier noch ein wenig, Leute die gerne in den Bergen den Herbst geniessen wollen.