Mar de Plastico
Manolo begleitet uns am nächsten Tag, wir fahren südlich vom Mar de Plastico entlang. Auf der einen Seite das Naturschutzgebiet, Schilf, Meerwassertümpel mit verschiedenen Vögel und Mücken, die uns attackieren, wenn wir anhalten um ein Foto zu machen. Auf der anderen Seite die Plastik-Gewächshäuser, riesig, eins neben dem anderen, Kilometer an Kilometer – absolut deprimierend für mich! Aber: Die Leute hier sind stolz, oder froh, dass sie hier ein Geschäft betreiben können, das rentiert, und sie sprechen davon, sie seien der Huerto de Europa. (Garten/Pflanzblätz, ich weiss nicht recht, wie ich das übersetzen soll)
Daneben bleibt kaum mehr Platz für einen Baum oder einen Busch, und wenn, dann ist er voll Gerümpel und Plastikfetzen von den kaputten, zerrissenen Gewächshäusern, die hier dazwischen stehen, und zeugen von falschen Kalkulationen oder schlechten Einnahmen, die zum Konkurs geführt haben.
Denn auch hier wird kräftig fremd-finanziert, solange es rentiert.
Die Arbeiter sind fast nur noch Afrikaner, wie viele davon illegal und ohne jeglichen Schutz können wir nicht abschätzen. Gerade vor kurzem hat die Zeitung „El Pais“ einen Bericht veröffentlicht, der die Situation dieser Afrikaner schildert: Sie wohnen zum Teil in diesem Plastik drin, ohne fliessend Wasser, ohne Toiletten, ohne Elektrizität, unter den widrigsten Bedingungen, einige seit ein paar Monaten, andere schon seit Jahren. Es gibt kaum Hilfe für diese Menschen, viele gehen jeden Morgen an die Strasse in der Hoffnung, dass ein Bauer sie anstellt, für einen Tag oder vielleicht mal für eine Woche. Krank werden geht nicht, ein Unfall schon gar nicht!
Und das in einem Europäischen Land, in der ersten Welt!
Und dieses Gemüse wollen wir so günstig wie möglich und zu jeder Jahreszeit kaufen!
(alle Sorten Tomaten, Gurken, Peperonis, Bohnen, Zucchettis,…die haben wir schon gesehen)
Zum Glück gibt es aber immer auch schöne und berührende Erlebnisse!
In der Heide, durch die wir gefahren sind, ist Natur pur, schon kurz nachdem wir die Gewächshäuser-Strasse verlassen haben. Eine verlassene Ziege kreuzt unseren Weg, sie meckert jämmerlich, ich rede ihr gut zu, denn ich sehe die Spuren der Herde, die sicher vor kurzem hier durchgekommen sein muss. Sie eilt meckernd davon, sicher findet sie ihre Familie bald. Wir müssen den Weg ein wenig suchen, es hat sandige Abschnitte die wir nicht so gut durchfahren können, und da treffen wir auf die Ziegen und Schafherde, die gemütlich am Grasen ist, ein Hirt steht auch da mit seinen Hunden. Und wir mitten drin! Der Hirt meint, dass die verlorene Ziege den Weg schon noch finden wird, und sonst gehe sie dann nach Hause, sie wisse schon wo das sei!
Nach diesem Moment der vollkommenen Schönheit fahren wir dann wieder durch bebautes Gebiet, Feriensiedlungen soweit das Auge reicht, diesmal recht nobel, ein, nein, zwei Golfplätze müssen wir umfahren, bis wir zum Yacht-Hafen kommen, wo einige Bars offen sind und viele Leute flanieren, das Zentrum von all diesen Siedlungen. Wir nehmen einige Tapas zu unserem (alkoholfreien) Bier, und fahren dann gestärkt bis zum Camping, der erst ein paar Jahre hier ist, früher war er da, wo jetzt der Golfplatz und seine Nobel-Siedlung sind. (Der Besitzer ist sehr wahrscheinlich ziemlich reich geworden, als er im Bauboom sein Land verkauft hat.) Wir verabschieden uns von Manolo, er fährt jetzt quer durch das Plastikmeer zurück, da ist er natürlich viel schneller wieder zuhause.