Steigungen? Steigungen!
Mein Gespür für schöne Strässchen abseits der grossen, wird immer besser, aber manchmal geht so ein Plan auch in die Hosen: Durch das Städtchen Miravet am Ebro ist zuerst eine Steigung von 20%. Dann geht’s eine breite, dafür aber steinige Treppe hinter den letzten Häusern wieder hinunter, bevor es dann wieder einen Gebirgswanderweg aufwärts geht.
Was nun? Zurück? Sicher nicht, diese Treppe will ich nicht hoch mit der ganzen Ladung, also vorwärts! Wir schieben und schleppen die Fahrräder über den Weg, der nach einer Biegung wieder etwas besser wird, dann aber wieder hoch und runter, alles schieben,…wieviele Kilometer? etwa 18, das geht nicht. Also, Karte hervorgenommen und ja, da gibt’s ja noch so einen braunen Strich, der dann später auch wieder auf unsere Route kommt! Aber Achtung, meine ansonsten Super-Karte auf dem IPad hat keine Höhenkurven eingezeichnet! Wir wissen, und sehen, dass es bergauf gehen wird, aber besser ein geteerter Weg als ein Wanderweg mit riesigen Steinbrocken überall.
Nach einer Stärkung nehmen wir den Aufstieg in Angriff, und was für ein Anstieg: oft muss ich stossen, im ersten Gang geht’s nicht mehr, und an etwa drei Stellen müssen wir gemeinsam ein Fahrrad nach dem anderen hochschieben, eine riesige Plackerei.
Wir werden aber entschädigt mit einer Aussicht, die mit jedem Höhenmeter besser wird, der geteerte und manchmal betonierte Feldweg führt durch ein Oliven-Anbau-Gebiet, das ganze Tal ist voll von den Terrassen mit einem Baum neben dem anderen. Weit weg sehen wir ein Auto mitten drin, die Vorbereitungen für die Ernte sind im Gang.
Endlich erreichen wir nach ein paar anstrengenden Stunden den „Pass“, und fangen an, ein Plätzchen fürs Übernachten zu suchen. Es wird auch langsam Zeit, es ist schon halb fünf und um halb sieben wird’s dunkel. Beim wild Campen wollen wir so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf uns ziehen, deshalb muss jetzt schnell gekocht werden, damit wir kein Licht machen müssen, das man von weit her sehen würde. Nach dem Essen können wir es dann ruhig angehen, die Nacht wird ja immer länger. Und heute haben wir sogar das Vergnügen, bei Vollmond einen Spaziergang zu machen, wir sind weitab von aller Zivilisation. Die Nacht ist vollkommen ruhig, am Morgen begrüsst uns ein blauer Himmel, ein weiterer sonniger Tag bricht an.
Wir fahren bergab, nicht ganz so weit wie bergauf, und im nächsten Städtchen füllen wir wieder die Wasserflaschen und kaufen ein, neben Lebensmitteln noch Hustenbonbons, Martin hat eine ganz heisere Stimme. Nach einem Cafe con Leche (Milchkaffee) fahren wir weiter, Richtung Via Verde, einem ehemaligen Bahntrassee durch die Berge, seit 1973 stillgelegt und vor etwa 10 Jahren als Fahrradweg wieder hergerichtet.