Wandern statt Velofahren

Nach zwei Tagen anklimatisieren in Patras fahren wir los, dem Golf von Korinth entlang. Wir haben mal was anderes im Sinn. Eine Zahnradbahn (Schweizer Fabrikation) fährt von Diakofto bis nach Kalavryta, einem Dorf in den Bergen, das auf verschiedene Arten touristische Anziehung hat: erstens hat es ein Skigebiet, zweitens eine schreckliche Vergangenheit. Im zweiten Weltkrieg wurde fast die ganze männliche Bevölkerung des Dorfes ermordet, und es hat eine Gedenkstätte und ein kleines Museum dazu. Und dann eben auch die Fahrt mit dem speziellen Zug, der sich durch ein wirklich schönes Tal windet, das zur engen Schlucht mit Steilhängen und Felsformationen wird.
Wir haben im Sinn, von der Mittelstation hinunterzuwandern, den Gleisen der Bahn entlang, durch die Schlucht und das Tal. Trotz wechselhaftem Wetter fahren wir bis Zacharo, ein im Sommer sicher gut besuchtes Dörfchen, jetzt ist es ausgestorben, ein paar Katzen huschen herum, eine Frau mit vollen Einkaufstaschen geht in ein Haus hinein, Aha, da wohnen also doch noch ein paar Leute. Aber die haben alle ein Auto, da ist niemand abhängig vom Zug. Das sieht man auch auf der Fahrt, ein italienisches Paar, eine griechische Schulklasse und wir sind die Fahrgäste, dazu kommen der Zugführer, und ein Mann, der einmal aussteigt und einen Steinbrocken zur Seite schiebt, weil der zu nahe am Gleis liegt. (Später beobachten wir, dass der Zug auf jeder Bergfahrt einmal anhält und der Mann aussteigt, um einen Brocken wegzuschieben… Gehört also zum Erlebnis >Zugfahrt in die Berge.)

Der Fahrplan ist recht kümmerlich, dreimal täglich, am Wochenende fünfmal am Wochenende. So können wir unbeschwert auf und neben den Gleisen talwärts wandern, der Zeitplan ist einfach. Die Bäume sind herbstlich gelb gefärbt, zwischen den Wolken kommt ab und zu die Sonne raus und legt einen goldenen Schimmer über das ganze Tal. Bei jeder Brücke hat es eine Verbotstafel, dass das Überqueren der Brücke verboten ist, aber es gibt gar keinen anderen Weg….So ist die Behörde abgesichert, falls etwas passiert. Es ist fast wie mit den Geschwindigkeitstafeln auf der Strasse, wo man bei einer Baustelle laut Verkehrstafel noch 10 fahren darf, aber niemand hält sich daran. Weil es niemand kontrolliert.

Das Tal wird an einer Stelle sehr eng, die Schlucht ist mit Tunnel und Fussgängersteg ausgestattet. Es ist immer wieder eindrücklich zu sehen, wie viel Kraft das fliessende Wasser hat und was es in den Jahrtausenden geschaffen hat. Hier tost der vor hundert Metern noch friedlich plätschernde Bach über die Felsen und schiesst mit unglaublichem Tempo zwischen den Felsen talwärts. Es wird mir fast schwindlig, da hinunterzuschauen auf das Naturspektakel.

Es ist eine gemütliche Wanderung, nach drei Stunden sind wir wieder im Dorf, wo wir uns einen griechischen Käsekrapfen leisten, bevor wir wieder in unsere Unterkunft gehen, bevor der nächste Regenguss uns erreicht.

Apropos Einkaufen: Das ist nämlich etwas schwierig geworden! Warum? Die Schrift, das griechische Alphabet ist leider so nicht einfach! Da stehen wir dann vor dem Regal und versuchen herauszufinden was da wohl in der Verpackung ist? Soja? Bulgur? Ich beginne Fotos zu machen und dann mit WLan einem Übersetzer und der griechischen Tastatur, die ich auf dem Handy installiert habe, versuche ich zu entziffern und zu verstehen was in den Verpackungen drin ist. Manchmal steht dann aber auf dem Joghurtkübel: „Die tägliche party“…?!

was genau ist jetzt da drin?

Auf allen Strassen, egal ob klein oder gross, überall hat es am Strassenrand Plastikflaschen, vorwiegend Halbliter, gedankenlos zum Autofenster rausgeworfen, ….was für eine  Gedankenlosigkeit!!!
Es gibt Tage, da macht es mich wütend, an anderen schaue ich einfach nicht hin! Aber: wie kommen wir Menschen dazu, die Natur, unsere Lebensgrundlage, so zu vermüllen? Und dies natürlich nicht erst in Griechenland, auch schon in Italien hat es mich erschreckt, wie viel Müll es am Strassenrand, aber auch in abgelegenen Gebieten hat.
Da muss noch sehr viel Aufklärungsarbeit geleistet werden!
Positiv aufgefallen sind uns die kleineren Läden, wo man viele Esswaren aus grossen Säcken kaufen kann. (Solche Unverpackt-Läden die jetzt neu in der Schweiz wieder aufmachen) Klar, es wird in Plastiksäcke abgefüllt, aber wir haben schon gemerkt, dass das Personal bereit ist, unsere mitgebrachten Taschen zu befüllen, und wenn wir sagen „no Plastic“, hören wir oft „oh yes,very good“!
Nach diesem kleinen Exkurs über Abfälle wieder zurück zum Fahrrad. Mein Vorderreifen verliert immer ganz langsam ganz wenig Luft. Nach einem Check merken wir, dass der Pneu ziemlich mitgenommen ist, es ist der einzige alte, den wir nicht ausgewechselt haben, weil er noch recht gut war. Aber jetzt muss er ersetzt werden, sonst haben wir immer wieder Probleme. Also das heisst, in jeder grösseren Stadt suchen wir jeden Fahrradladen auf und fragen, ob sie diesen extradicken Schwalbe Reisepneu haben! Bis jetzt haben wir noch keinen gefunden.

Die Küste bis Korinth ist ähnlich verbaut wie in Italien, die Orte meistens ziemlich menschenleer und wenn mal ein Kaffee offen ist, sitzen nur ältere Männer drin und wenn wir uns auch hineninsetzen um uns aufzuwärmen, gibt es griechischen Kaffee oder Nescafe, aber keine so feinen Croissants dazu, die müssen wir vorher separat kaufen in einem der wenigen Läden die da offen haben. Wir übernachten in verschiedenen Apartments, die einen sind fast luxuriös, die anderen etwas leer und kalt. Ja die Heizung am Abend ist schon etwas, das wir immer mehr schätzen, die Nächte sind sehr feucht und kühl geworden.
Wir begegnen einer Familie auf dem Velo, voll bepackt, aber sie haben keine Anstalten gemacht anzuhalten, leider. Später erfahren wir von einem Gastgeber, dass sie auch bei Ihm übernachtet hatten, eine französische Familie, die für ein Jahr in Europa unterwegs sind. Vielleicht begegnen wir Ihnen noch einmal, sie fahren um den Peloponnes, in der anderen Richtung wie wir es tun wollen. Und dann, am Kanal von Korinth begegnen wir einem französischen Paar im Campingbus, wir plaudern ein wenig miteinander, bevor wir über die Fussgängerbrücke auf die andere Seite wollen…

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