Teruel

Am 3. Tag fahren wir nur bis nach Teruel, eine Spazierfahrt mit kleinem Umweg: Die Frau von der Casa Rural empfiehlt uns einen Weg dem Flüsschen entlang, viel schöner als die Carretera. Klar, den nehmen wir, sind schon viel zu lange auf geteerten Strassen unterwegs. Aber schon nach 2 Kilometern, auf ziemlich erdigem und schlammigem Weg, die Überraschung: Die Querung des etwa 2 m breiten Flüsschens durch eine Furt, keine Brücke weit und breit. Und das Wasser kommt schnell und undurchsichtig braun daher. Wollen wir da durch? Mit all dem Gepäck? „das habe ich schnell hinübergetragen“ so Martin, und ich: „ja und dann fällst du mitsamt dem Velo rein, du siehst ja nicht, ob es grosse Steine hat oder ein Loch!“ Die Abenteuerlust ist heute nicht so riesig, deshalb fahren wir nach einer kurzen Diskussionsrunde die 2 Kilometer zurück und auf der Strasse die 25 km nach Teruel. Ab und zu werfe ich einen etwas sehnsüchtigen Blick ins Tal, es ist wunderschön mit diesen Bäumen in gelb und braunrot, der Fluss schlängelt sich von der einen Seite auf die andere- Aber wir hätten sicher noch einige Male mehr den Fluss queren müssen, das sehen wir ganz genau von der Strasse aus! Und den Dreck haben wir so oder so schon an den Rädern, die 4 Kilometer haben gereicht, dass alles strotzt vor Dreck!
Schon um 13.30 erreichen wir Teruel, ein Städtchen, das gerade grossen Markt hat, und deshalb richtig lebendig wirkt, was uns sehr gefällt! Wir checken im Hostal ein (Teruel liegt auf 1000 müM, wie die Lenk, und es wird nachts um die 4°), der Betreiber, ein junger lässiger Mann, hat gerade ein Päckchen von „Amazon“ mit Griffen für sein Velo erhalten, die er mit unseren vergleicht und schon haben wir ein Gesprächsthema, das über das geschäftliche hinausgeht!
Für die Fahrräder findet er ein Plätzchen im Restaurant im ersten Stock, das braucht er erst am Sonntag, und er zeigt uns auch ein kleines Zimmer für Samstagnacht, sein Hostal ist dann nämlich ausgebucht. Und wir wollen ja nicht weiter wegen dem Töffrennen, das übers Wochenende 120‘000 Menschen nach Valencia locken wird.
DSC_0998 IVWir wohnen jetzt mitten im historischen Zentrum von Teruel, vom kleinen Balkon aus können wir dem Treiben der Menschen zuschauen, hören die Gespräche der Raucher, die alle vor den Bars sitzen oder stehen, es ist ganz lustig mal mitten drin zu sein.
DSC_1015 IVWir lernen hier auch das richtige spanische Flanieren, hin und zurück, durch die Gassen, die ein paar Läden und Bars haben, dann über die Plaza de Toro (die haben früher hier die Stierkämpfe gemacht?), wo ein paar Restaurants alle Stühle draussen stehen haben und man dasitzen, etwas trinken oder essen kann (hier wird es an der Sonne gerne über 22° warm!), dann über die Plaza vor der Kirche, auch da könnte man sitzen und dem spanischen Touristen zuschauen wie er versucht, die ganze Kirche und seine Frau zusammen zu fotografieren. Andere als spanische Touristen sehen und hören wir hier nicht.

Dieses Flanieren kommt und geht in Wellen, morgens so ab 10 Uhr bis etwa 13 Uhr läufts, dann schliessen die Läden und es wird ruhig, Zeit zum Mittagessen. Ab 17 Uhr fahren die Rolläden der Geschäfte wieder hoch und das Flanieren geht weiter, bis um etwa 20 Uhr, obwohl ab 19 Uhr schon die Zeit gekommen ist, irgendwo ein Bier und ein paar Tapas zu kosten, es geht ja noch 2 Stunden bis man dann endlich richtig Abendessen kann! Und danach kann man ja nochmals in eine Bar und etwas trinken, gerade am Freitag und Samstagabend geht das bis in den frühen Morgen.
Zum Glück haben wir unser Zimmer und können uns zurückziehen und lesen, schreiben, etwas ausruhen, oder auch mal ein Picnic zu uns nehmen, das Leben hier würde unser Budget mit der Zeit schön strapazieren!
Wir geniessen die Zeit aber auch sehr, das Essen ist wirklich sehr gut und erschwinglich, Martin entdeckt den Jamon (getrockneten Rohschinken) und ich den Geisskäse, gerieben im Salat oder halb geschmolzen und warm auf einem Toastbrot mit Heidelbeerkonfitüre, mmmhmm! (Ich habe vor lauter Genuss vergessen, ein Foto davon zu machen!)
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