Schon zwei Wochen?!

Nun sind es schon zwei Wochen die wir unterwegs sind! Wir haben schon so viel erlebt, dass ich fast nicht weiss, wie ich anfangen soll.

Mit dem Anfang natürlich! Der erste Tag, gemütlich durchs Emmental bis ins Entlebuch, wo wir freundlichst empfangen und bekocht werden von einem „Warmshower-Gastgeber-Paar“. Sie wohnen in einem wunderschönen Haus mit einem wunderschönen Garten und Schwimmteich, den Martin ausprobieren muss, trotz nur 13 Grad! Ich schaue lieber nur zu,….

Der nächste Tag bis Luzern, wieder um die 40km auf dem Velo, dann nehmen wir einen Zug nach Bellinzona. Warum denn? Martin wollte doch über den Gotthard? Naja, da hat es schon wieder geschneit und die nächsten Tage versprechen Kälte und Schnee, da mache ich lieber nicht mit! Die Gewitter in der ersten Nacht auf dem Camping in Bellinzona genügen mir völlig! Aber dann geht es bei blauem Himmel Richtung Lago Maggiore und Italien!!!

Auch die nächste Nacht sind wir auf einem Zeltplatz, zum Angewöhnen ans Reisen mit dem Velo eine feine Sache. Wir haben Glück, der letzte Platz auf dem Camping ist für uns gerade gross genug. Das ist ja schon verrückt: vor ein paar Jahren waren wir hier, etwa zur gleichen Zeit, und der Platz war fast leer, und jetzt übervoll, und der zweite Camping im Dorf hat auch alle Plätze besetzt! Nur etwas ist gleich: wir sind die einzigen im Zelt!!!

In Luino fahren wir am nächsten Tag ins Landesinnere, wo uns eine schöne ausgeschilderte Fahrradstrecke Richtung Varese führt. Zuerst aber wollen wir unser Talent fürs wild zelten etwas fördern und machen uns nach dem Einkauf in einem Supermarkt auf die Suche nach einem geeigneten Platz. Ich habe natürlich schon recherchiert und einen Wald mit Wiesen und einigen Sportfeldern rundum ausgesucht. Auf dem Weg müssen wir schon durch einen Bach waten, sehr gut, da kommen die Hundespaziergänger schon mal nicht durch. Am Ort schauen und horchen wir, ob nicht doch ein Haus (mit Hund) in der Nähe ist, und die teilweise abgemähten Maisfelder wollen wir auch meiden, man weiss nie, ob der Bauer heute Abend oder morgen früh wiederkommt um weiter zu mähen. Auf einem sehr kleinen grasigen und sumpfigen Weg stossen wir unsere Räder etwa 100 Meter in ein Waldstück, das man vom Weg aus nicht sieht. Schön flach und ideal für unser Zelt.

Einzig was fehlt, ist die Ruhe, eine Autobahn ist auf der anderen Seite des Waldes, und erfüllt den Wald die ganze Nacht mit dem Brummen der Motoren. Wir sind halt doch recht nahe von Mailand und die Gegend ist durchzogen von Strassen und ist auch sehr besiedelt.

An so einem Ort wollen wir nicht auffallen, wir haben gekocht, gegessen, stellen dann unser Zelt in der Dämmerung auf und so um 19.45 Uhr haben wir die Zähne geputzt und liegen auf der Matratze. Da sind wir schon froh haben wir Bücher und Podcasts auf unseren Handys und können noch etwas tun. Obschon, ich bin so müde, dass ich schon bald alles weglege und einschlafe.

Es ist ausser dem fernen Rauschen der Autobahn nichts zu hören, man würde jedes Näherkommen eines Tieres oder Menschen hören, es hat so viele trockene Äste rundum. Der Schlaf kommt sehr schnell, ist aber sehr leicht, ich träume viel und schrecke ein paarmal auf, aber nichts passiert. Nachts im Finstern auf die „Toilette“? Das geht an so einem Ort nicht, da muss meine Blase ihr ganzes Fassungsvermögen zeigen, was nach ein wenig Training schon wieder besser gehen wird.

Und als es endlich hell wird, so um 7.30 Uhr, sind wir froh, dass wir aufstehen können. Es ist ja noch nicht kalt, zum Glück! Kaffee machen wir etwas später, an einem Plätzchen in der Sonne, nach dem Zusammenpacken des Zeltes und Verlassen des Schlafplatzes. Es geht uns gut, wir haben schon zum ersten Mal einen sehr schönen Platz gefunden.

Unterwegs gibts auch Kurioses

Wir wollen es ja nicht übertreiben mit dem wilden, und wollen eine Nacht wieder auf einen Camping, solange es noch einige hat, die offen sind.
Wir steuern also einen kleinen Platz an einen See in der Region von Varese an.
Ab 15 Uhr soll das Tor wieder offen sein, es steht da WE ARE OPEN! Nach einer Pause am See, wo wir uns mit einem deutschen Paar auf Mountainbikes ein wenig austauschen, wollen wir uns auf dem Camping anmelden. Aber das Tor geht nicht auf, erst nach ein paarmal läuten dann aber doch, ein Mann kommt von der Strasse her und hat das Tor geöffnet, aber nicht für uns. Die Dame des Hauses hat sich nun doch bequemt, zu uns rauszukommen und uns zu erklären, dass seit Ende September der Platz geschlossen ist, das stehe auch auf der Webseite! Nun, hier draussen aber steht, dass sie offen haben. Vielleicht sollte sie mal ein anderes Schild z.B. „we are closed“ aufstellen?

Wasser gibt es immer bei den Friedhöfen!

Wir fahren weiter, dann suchen wir halt ein einsames Plätzchen irgendwo an einem der kleinen Seen. Aber das wird etwas schwierig, es ist sehr viel Privat und eingezäunt, oder dann eben sehr öffentlich und mit vielen Spaziergängern. Es ist warm, später Freitagnachmittag, ideal um sich etwas in der Natur zu bewegen. Einer der Spaziergänger fragt uns interessiert, woher und wohin, wir plaudern ein wenig, er kommt nämlich auch aus der Schweiz aus Freiburg. Und er hilft uns, eine Unterkunft zu finden, sogar mit einer Küche zum Benützen, telefoniert mit einer Bekannten und reserviert für uns ein B&B, einige Kilometer von hier. Da freuen wir uns doch auf die warme Dusche, einem privaten Zimmer und freiem WLan! Die Dame ist sehr nett, zeigt uns das Zimmer, das sogar private Dusche und Toilette hat, was für ein Luxus! Den wir in vollen Zügen geniessen nach diesen paar Tagen on the Road.

DA wir die grossen Strassen so gut wie möglich meiden, fahren wir manchmal etwas kreuz und quer, diesmal geht es durch einen Wald auf einer kleinen Strasse, die ich ausgewählt habe, leider ist sie nicht so leer wie ich erhofft habe, aber sie ist schmal und es kommt ein paarmal zu etwas gefährlichen Überhol-Manövern von den Autofahrern. Und dann sehen wir auch den Grund für den Verkehr: Da sitzen doch sehr knapp bekleidete, meist dunkelhäutige Frauen am Strassenrand!!! Wir grüssen freundlich, aber eigentlich finde ich es haarsträubend, dass sie hier „arbeiten“, müssen. Ich dachte auch, dass wir vielleicht wieder einen Platz finden könnten zum übernachten, aber nachdem wir so viele Frauen hier gesehen haben, habe ich keine Lust mehr, mich in diesem Wald zu verstecken.

So gibt es dann eben den ersten Ruhetag in Montafor, etwa 10km von Como entfernt, auf einem richtig italienischer Ganzjahres-Camping. Und da Wochenende ist, ist er sogar belebt, es wird gesägt, genagelt und natürlich gekocht und gegrillt. Wir geniessen die erste Pizza mit einem guten italieníschen Wein und freuen uns über das Cheminee-Feuer und den geschenkten Limoncello zum Schluss. Erholt und gestärkt fahren wir in die zweite Woche!

Es geht den kleinen Seen entlang Richtung Lecco, hier hat es einen Camping am See, wo Martin ein abendliches Bad geniesst. Ich hingegen gehe eine Dusche „geniessen“: An der Bar habe ich ein Plastic-Kärtchen gekauft, damit kann ich die Dusche in Gang bringen. Eine Dusche=1Euro. Alles gut? Die Maschine steht draussen vor dem Gebäude, ich muss da die Nummer der Dusche wählen, finde aber drinnen keine Nummer an den Türen. Macht nichts, ich kann ja dann die nehmen, die läuft. Wohlweislich entkleide ich mich zuerst, dann, nur mit Tüechli um den Körper, stecke ich das Kärtchen in den Schlitz und wähle eine Nummer. Und da höre ich drinnen das Waser rauschen! Schnell rein, Tüechli weg und rein in die Dusche….aber die spritzt so in der Gegend rum, dass ich kaum hineinkomme, der Gang wird nass, die Türe und die Wände, nur ich noch nicht. Wie lange habe ich noch Wasser??? Schnell versuche ich mich zu benetzen, einzuseifen und schnell wieder Seife wegspülen, weil, wenn das Wasser abstellt, gibt’s gar keines mehr!!! Nass und nackt gehe ich aber nicht nochmals das Kärtchen reinstecken! Das Bad im See war sicher gemütlicher! Noch am nächsten Morgen ist der Boden im Gang nass….

Abendessen bei Laternenlicht ist romantisch und da es nicht kalt ist, beginnen wir sogar erst nach dem Sonnenuntergang zu kochen.

Nun fahren wir Südwärts, dem Fluss Adda entlang, da hat es eine Pista Cyclabile, die geht bis zum Po. Bis wir aber da sind, müssen wir über ein paar ziemlich befahrene Kreisel fahren, da eine kleine Brücke die wir eigentlich nehmen wollten, eingestürzt ist. Wir erleben die Autofahrer aber sehr rücksichtsvoll, sie lassen uns in unserem Tempo durchfahren.

Bei einem Warmshower-Host dürfen wir übernachten, besichtigen zuerst noch eine Brücke, die der gleiche Ingenieur gebaut hat, wie die Kirchenfeldbrücke in Bern. Sie wird gerade repariert, Pablo erklärt uns, dass momentan in Italien viele Brücken repariert werden, seit in Genua die grosse Brücke eingestürzt ist.

Bald haben wir nun Mailand umfahren und können wirklich Richtung Süden fahren, Die Adda schlängelt sich zum Po, wir ihr nach, über Feldwege, Fusswege und auch mal durch kleine Flüsschen, Wälder und Felder, bis wir dann nach zwei Tagen den Po Cycle-Path erreichen!

In der Nähe von Cremona dürfen wir uns bei einem Warmshower Paar ausruhen und endlich mal Wäsche waschen. Enrico arbeitet fast das gleiche wie Martin und es gibt viel zu reden und wir lernen das Leben in einer Stadt wie Cremona kennen. Es gibt Cooperativas, Kitas auf dem Bauernhof, Leute, die sich für Radwege und weniger Autos einsetzen, Menschen, die sich verändern wollen dem Klima zuliebe!

Am Sonntag können wir eine Stradivari- Geige anhören, im Museo del Violino werden nämlich einige Exemplare gehütet und die müssen jeden Tag gespielt werden! Deshalb kann man im Auditorium des Museums fast täglich eine halbe Stunde zuhören gehen!

Gut bewacht….

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