Überfahrt
Noch ein letztes spanisches Mittagessen, dann geht’s an den Hafen, mit ein paar Motorrädern, vielen Campern und Wohnwagen warten wir am Check-in, der falsch geschriebene Namen war überhaupt kein Problem. Sowieso ist hier ausser ein paar Fahrzeugen der Guardia Civil nichts zu spüren von Grenze, keine Kontrollen der Fahrzeuge oder des Gepäcks. Heile Welt!
Mit den Motorradfahrern dürfen wir als erste an Bord, sie fahren auf der Rampe hoch, wir müssen zu Fuss gehen und die vollbepackten Velos stossen! Aus Sicherheitsgründen!
Ein Security-Mann werde unsere Velos sichern, und wirklich, da kommt einer und bindet die Velos mit einem Strick an einem Geländer fest, knapp hinter einer Wand, aber draussen. Martin sichert seine Taschen noch zusätzlich (wir nehmen ja nur zwei Taschen in die Kabine) und schliesst sie mit unseren Schlössern ab. Während der Überfahrt darf niemand zu den Fahrzeugen, deshalb lassen wir alles da, was wir nicht brauchen.
Gebucht hat Martin 2 Plätze in einer 4er-Kabine, ich hoffe, dass unsere Mitfahrer nicht schnarchen werden. Dann die Überraschung: wir sind zwar in einer 4er-Kabine, allein!! Mit Bullauge und Blick aufs Meer, hei, richtig luxuriös! Wir richten uns in diesem Kämmerchen ein, das bis am nächsten Tag 20.00 Uhr unser Zuhause ist!
Dann orientieren uns auf dem Schiff, gehen zuschauen, wie die letzten Autos und Vans auf dem Schiff parkiert werden, finden zuoberst bei den Luxuskabinen (die alle leer sind, weil zu teuer, wir fahren auf einer Economy-Linie) eine Leselounge (für später!) und aus dem Self-Service Restaurant duftet es schon ganz verführerisch nach Abendessen. Die Abfahrt verzögert sich „aus medizinischen Gründen“, wir beobachten vom Sun-Deck aus, wie das grosse Tor hinten noch einmal geöffnet wird und ein Auto hereinfährt, und dann endlich bewegt sich das Schiff. Während wir unseren letzten spanischen Käse mit Brot essen, stampft das Schiff aus der Bucht von Santander hinaus aufs Meer, wo der Wellengang richtig spürbar wird.
Der Wein in unseren Gläsern schwappt leicht hin und her, in der Leselounge ist es ruhig, einzelne Gäste sitzen da mit Laptop oder Buch, und wir richten uns gemütlich ein, hier verbringen wir den Abend mit Lesen! Martin hat ein spannendes Buch vom Gründer der Globetrotter-Läden in Deutschland, der war in früheren Zeiten mit Rüdiger Nehberg auf Abenteuer-Reisen. Und ich habe einen Roman gefunden der in Dorset spielt, das ist doch eine gute Einstimmung auf England.
Wie Betrunkene gehen wir spät in unsere Kabine, zum Glück ist niemand mehr auf den Gängen. Unser Picknick bleibt schön in unseren Bäuchen, besonders bei Martin ist das ein Glück, er wird sonst fast immer seekrank!
Am Morgen schaue ich aus dem Bullauge und sehe kleine felsige Inseln, wo sind wir? Aha, gerade fahren wir nahe der französischen Küste bei Brest entlang. Auf der Karte ist die Linie der Fähre weit draussen übers Meer, aber das Schiff zieht entlang der Küste Richtung Norden. Gut für uns, das Schaukeln ist viel sanfter geworden.
Wir gönnen uns ein feines Frühstück mit Croissants und Brötchen,(das Schiff ist ein französisches Unternehmen) auf Deck gehen wir die frische Luft spüren, dann aber wieder in die Lounge, wo wir die Englandkarte auf unser GPS laden, lesen und schreiben.
Abends bei der Einfahrt in die Bucht von Portsmouth erklärt uns eine Engländerin die wichtigsten Sehenswürdigkeiten, und wir sind freudig überrascht: die Häuser von Portsmouth sind nicht höher als 3stöckig, es hat Grünflächen der Bucht entlang und alles ist in wunderschöner Stimmung von der Abendsonne beleuchtet.
Das Verlassen des Schiffs ist etwas stressig, (wir fahren, obwohl wir fast angeschrien werden, dass wir das Velo stossen sollen, aber ich erkläre dem Mann, dass ich nicht bremsen kann, wenn ich das Velo mit Vollpackung abwärts schieben muss!)
Wir haben Glück, ein Velofahrer führt uns bis ins Zentrum der Stadt, und von da ist es nur noch ein Katzensprung zum Haus wo unsere Warmshower-Gastgeber wohnen. (Hier in der linken Hälfte des Bildes, im ersten Stock vom alten, weissen Haus)
Trotz später Ankunft haben wir mit ihnen einen langen Schwatz,- übers Tourenfahren in der Welt! – und bekommen einige Tipps für England und die Ausfahrt mit dem Velo aus der Stadt. (Die Überfahrt mit einer Fähre wird uns einige Meilen auf stark befahrenen Strassen ersparen)